17. NABU-Naturschutztag
Boden - Leben unter unseren Füßen
Prof. Dr. Dr. Berndt-Michael Wilke (TU Berlin und BVB)
"Bodenorganismen und Biodiversität"
In seinem Vortrag, gab Prof. Dr. Dr. Wilke einen großen Überblick über die Bodenorganismen und informierte über die strukturelle und funktionelle Biodiversität im Boden. Er stellte die verschiedenen Bodenmikroorganismen und Bodentiergruppen anhand von Abbildungen vor und verdeutlichte, durch Angaben zu Artenzahlen und Biomassen, welche Dominanz die Gesamtheit der im Boden lebenden Organismen (auch Edaphon gennant) in diesem Ökosystem einnimmt.
Insbesondere der Abbau toter organischer Substanz, die Bedeutung der Prozesse von Nährstoffkreisläufen im Boden und die Vernetzung der Akteure wurden von ihm dargestellt.
Auch die Stickstoffproblematik wurde von Prof. Dr. Dr. Wilke thematisiert, indem er auf die große Leistung der Stickstoffmineralisierung der Bodenbiozönose einging (30 – 600 kg/ N ha).
Neben den bereits genannten Aspekten standen der Gashaushalt der Böden und die Interaktion mit der bodennahen Atmosphäre im Focus der Präsentation. Außerdem ging er auf das Potential für die Bildung von Antibiotika und den damit einhergehenden Abbau von Schadstoffen (natural attenuation), sowie die Prozesse in der Rhizosphäre über Mykorrhiza und Knöllchenbakterien ein.
Einsicht und Download des Vortrages
Prof. Dr. Rüdiger Schultz-Sternberg (HNEE und BVB)
"Bodenschutz - wo stehen wir?"
Prof. Dr. Schultz-Sternberg hat das Bundes-Bodenschutzgesetz (BBodSchG) mit seinen Zielsetzungen und Definitionen, sowie den Bodenfunktionen, Nutzungsfunktionen und schädlichen Bodenveränderungen vorgestellt.
So stellte er da, dass durch die Sensibilität der Bodentiere zwar die im Gesetz enthaltenen Vorsorgewerte abgeleitet wurden, in dem gesamten Regelwerk aber nicht durch explizite Prüfwerte die Bodenbiozönose geschützt wird.
Auch ist das geringe Stoffspektrum, das in dem Gesetz abgedeckt ist (7 Schwermetallen und 3 Organika), nicht mehr zeitgemäß, da die Böden von großen Zahlen unterschiedlichster Chemikalienverbindungen kontaminiert werden.
Prof. Dr. Schultz-Sternberg zeigte außerdem auf, dass sich die Datengrundlage zum Bodenwissen in den letzten Jahren verbessert hat. Exemplarisch wurden verschiedene Karten benannt wie beispielsweise die Stickstoffdepositionskarte, Bodenschätzungskarte und Dauerbeobachtungskarten.
In Brandenburg gab es 1995 ca 28.000 Altlastenverdachtsflächen, die inzwischen um 16,5% reduziert wurden.
Einsicht und Download des Vortrages
Dr. Anja Kayser & Dr. Matthis Kayser (NABU Brandenburg)
"Wechselwirkung von Boden und Säugetieren am Beispiel des Hamsters"
In ihrem Vortrag erklärten Dr. Anja Kayser und Dr. Matthis Kayser in welchem Maße die etwas größeren Bodentiere zur Durchmischung der einzelnen Bodenschichten (Bioturbation) beitragen.
Leider ist die Situation der Feldhamster in Deutschland wenig erfreulich. Es gibt nur noch wenige Flächen auf denen er anzutreffen ist und in Brandenburg ist schon seit mehr als 10 Jahren kein Hamster mehr nachgewiesen worden.
Die Referenten benannten in ihrer Präsentation diverse Gründe, warum die Feldhamsterpopulation abnimmt. Als ein Einflussfaktor wurde die Landwirtschaft benannt mit der starken Bodenbearbeitung und dem Dünger- und Pestizideinsatz. Aber auch die Auswertung der Fellaufkäufe von Feldhamstern in der DDR zwischen den Jahren 1945 – 1980 hat gezeigt, dass diese Fänge ein Grund für die Reduktion der Art in der Kulturlandschaft waren.
Die Referenten stellten jedoch auch fest, dass es potentielle Flächen gibt, auf denen der Feldhamster in Zukunft wieder Fuß fassen kann - auch in Brandenburg.
Die Schwarzerden (Tschernosen) bilden ideale Lebensbedingungen für die Tiere. Insbesondere wenn neben den günstigen Boden auch noch entsprechende Pflanzen wie z.B. die Luzerne vorkommen, können wie in Südmähren (Tschechien), bis zu 20 Baue/ha (1997) kartiert werden. Auch der Ökologische Landbau fördert mit seinen Bodenschutz- und Fruchtfolgemaßnahmen diese Tierart.
Außerdem zeigen Beispiele aus Wien, dass der Hamster nicht unbedingt reine Kulturlandschaften braucht. So hat man Baue in einer Wohnanlage und in der Deckschicht einer Tiefgarage sowie unter einem Gehweg mit Rasengittersteinen gefunden.
Dr. Stefanie Krück (Bodenbiologin)
"Wie fördere ich das Bodenleben?"
Dr. Stefanie Krück ging anfangs auf die in Deutschland verbreiteten 46 Regenwurmarten ein, von denen in Brandenburg 18 Arten vorkommen. Die geringere Artenzahl in Brandenburg ist bedingt durch den kurzen Entwicklungszeitraum nach der letzten Eiszeit.
Die Referentin machte deutlich, dass die verschiedenen Arten, durch ihren Aktionsradius in den Böden, einzelnen Straten zugeordnet werden können. Die epigäischen Arten wie der Lubricus rubellus sind Streuschichtbewohner und zersetzen diese. Die anektischen Arten, zu denen auch Lumbricus terrestris gehört, graben tiefe Röhren und sichern somit u.a. die Regenwasserversickerung. Die endogäischen Arten wie der Allolobophora chlorotica, bilden in tieferen Bodenschichten (60 – 80 cm) Ton-Humus-Komplexe mit ihrer Krümelstruktur und dadurch wird die Wasserhaltefähigkeit des Bodens verbessert.
Wichtig für die Existenz der Regenwürmer in der Landwirtschaft ist, dass neben der guten landwirtschaftlichen Praxis mit Vorfrucht, Zwischenfrucht und Hauptfrucht ganzjährig genug Nahrungsangebot vorhanden ist. Das Greening, die 2. Säule bei den Agrarförderinstrumenten der EU, bietet viele Anreize in den Bundesländern weitere günstige Habitatstrukturen für die Regenwürmer zu schaffen. Untersuchungen in Sachsen zeigen, dass z.B. Grünstreifen auf oder am Ackerland sowohl die Artenzahlen als auch die Dichte der Population (Abundanz) der Regenwurmbiozönose steigern konnten.
Am Schluss des Vortrags wurden noch diverse praktische Hinweise zu Kompostierungsanlagen für den Garten als auch zu Wurmkisten, die auch auf jedem Stadtbalkon Platz finden, gegeben.
Kolja Bergholz (Uni Potsdam)
"Was Pflanzen uns über den Boden zuflüstern und was sie verschweigen"
Kolja Bergholz begann seinen Vortrag mit einer Einführung in die Ellenberg Zeigerwerte, welche die Beziehung von Bodenparametern (Stickstoff, pH-Wert, Feuchte) und Pflanzenvorkommen kategorisieren.
So haben Stickstoffzeigerpflanzen, wie die Brennnessel, einen Ellenberg Zeigerwert von N9, was auf einen stickstoffreichen Standort hindeutet. Auch die Weiße Taubnessel mit N9, die Knoblauchrauke mit N9 und das Franzosenkraut mit N8 zeigen stickstoffreiche Böden an.
Stickstoffarme Standorte werden unter anderem durch den Gemeiner Thymian mit N1, die Sandstrohblume mit N1, das Wollgras mit N1 oder auch die Draht-Schmiele mit N3 besiedelt.
Im Vortrag setzte sich der Referent auch mit den Schwächen der Ellenberg Zeigerwert in der Pflanzenökologie auseinander. Nicht immer gelingt die klare Korrelation der Bodenparameter mit der Vegetationsbesiedlung.
Auch kommt es oftmals zum Erscheinen von Pflanzenarten auf Böden mit ganz anderen Kennzahlen. Hier wurde das Beispiel der Kartäuser Nelke genannt, die niemals auf sauren Böden vorkommt.
Jens Petermann (Landwirt)
"Boden, der Grund für unser Leben - ein Praxisbericht"
Jens Petermann machte schon zu Beginn seines Vortrages deutlich, dass auch konventionelle Landwirte sich immer mehr mit den Themen Bodenkunde, Bodenbiologie, Bodenchemie und Bodenphysik auseinandersetzen.
Sein Praxisbericht legte die Bodenentstehung (10 cm in 2000 Jahren innerhalb eines Mischwaldes) sowie die Bedeutung der Bodenbiologie seit der letzten Eiszeit dar.
Als eines der großen Probleme in der Landwirtschaft wurde der geringe Anteil von organischem Kohlenstoff in den brandenburgischen Ackerböden mit heute 1% benannt (Waldböden 16%). Verantwortlich hierfür ist unter anderem der starke Entzug durch Mais und Raps.
Explizit wurde auch auf die komplexen Prozesse in der Rhizosphäre, bestehend aus Wurzeln, Mikroorganismen, Bodenlösung und Bodenraum, eingegangen. So ist das Pilz-Bakterien Verhältnis in den heutigen Ackerböden weit vom naturnahen Zustand entfernt und wird durch die ständige Zugabe von Fungiziden noch weiter verschlechtert.
In Dauergrünlandböden sind im Gegensatz zu Ackerböden durch die ungestörte Bodenstruktur bei günstiger bodenbiologischer Situation ideale Wurzel- und Humusbildungsbedingungen gegeben.
Im weiteren Verlauf des Vortrages wurden diverse Schäden in der Landwirtschaft anhand von brachliegenden Äcker im Winter mit starker Winderosion gezeigt. Auch die großen Bodenverdichtungen durch zu schwere Gespanne (z.T. bis 70 Tonnen) mit anschließenden Stauwasserflächen wurden thematisiert.
Bei der Einhaltung der fachlichen Praxis und anderen Bodenschutzmaßnahmen wie beispielsweise dem gemeinsamen Anbau von Lupine in Kombination mit Sommergerste oder Raps, können bei Tierhaltungsbetrieben große Mengen von synthetischen Düngern und Fungiziden eingespart werden.
Abschließend stellte Jens Petermann seine Arbeitsprinzipien vor: „Minimaler Bodeneingriff, maximale Bodenbedeckung, optimale Bodenfeuchte sowie hohe Diversität bei der Bodenbiologie.“