Windkraftausbau berücksichtigt Artenschutz unzureichend
Bitte Brutplätze schlaggefährdeter Arten melden
Maßnahmen zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien geistern nahezu täglich durch die Nachrichten. Neben zahlreichen Gesetzesänderungen im Zuge des so genannten Osterpakets hat die Bundesregierung massiv die EU-Dringlichkeitsverordnung vorangetrieben, die kurz vor Weihnachten durch die EU-Kommission am EU-Parlament vorbei beschlossen wurde. Es entsteht immer mehr der Eindruck, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien sowie der Leitungsinfrastruktur ohne Rücksicht auf Verluste zu Lasten des Naturschutzes durchgeboxt werden soll.
Von dem von der Politik scheinheilig gepredigten Versprechen, dass der materielle Artenschutz nicht geschwächt wird, ist nichts zu spüren. Stattdessen wurden beispielsweise mit dem so genannten Helgoländer Papier fachlich erarbeitete Abstandskriterien von Windkraftanlagen zu Brutplätzen von schlaggefährdeten Arten mit der Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) in vielen Fällen deutlich reduziert. Die neuen, bezüglich des Ausbaus der Windkraft, eingeführten Regelungen betrachten lediglich 15 kollisionsgefährdete Vogelarten und lassen beispielsweise Fledermäuse völlig außer Acht. Störungsempfindliche Arten wie der Schwarzstorch wurden überhaupt nicht berücksichtigt.
Die EU-Dringlichkeitsverordnung soll nun nach Willen der Bundesregierung auch in nationales Recht umgesetzt werden. Hierdurch entfällt (befristet) die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) und artenschutzrechtlichen Prüfungen auf Genehmigungsebene für Windkraft- und Leitungsinfrastrukturvorhaben. Im Zuge der UVP wurden häufig Kartierungen durchgeführt, um zunächst zu prüfen, welche Arten im betroffenen Gebiet überhaupt vorkommen. Stattdessen soll nun auf Ebene der Regionalplanung die so genannte strategische Umweltprüfung (SUP) die Artenschutzbelange abschließend bearbeiten, wobei ausschließlich auf bei den Behörden vorliegende Daten zurückgegriffen wird. Auf Grund des deutlich gröberen Maßstabs sind enorme Qualitätsverluste zu erwarten. Bisher unbekannte Vorkommen bleiben durch ausbleibende Kartierungen unentdeckt und fallen den Vorhaben unbemerkt zum Opfer.
Um die Schäden für die Biodiversität zu gering wie möglich zu halten, ist es wichtig, dass den Regionalen Planungsstellen, die für die Ausweisung von Windvorranggebieten zuständig sind, aktuelle und vollständige Informationen zu Brutplätzen vorliegen. Zur Unvollständigkeit der Daten, zu einigen Arten wie Wespenbussard, Baumfalke, Schwarzmilan und Rohrweihe liegen dem Landesamt für Umwelt (LfU) derzeit kaum Informationen vor, tritt der zeitliche Versatz zwischen der Bereitstellung der Daten im Planungsprozess und der Realisierung der Windkraftanlagen als weiteres Problem hinzu. Alle Neuansiedlungen zwischen Planung und Realisierung der Anlagen bleiben unberücksichtigt. Damit nimmt der Gesetzgeber bewusst ein hohes Risiko an Verlusten von durch EU- und nationales Recht besonders geschützten Arten in Kauf.
Um unter diesen Rahmenbedingungen noch das Bestmögliche für den Artenschutz zu erreichen, ist es besonders wichtig, dass sämtliche bei ehrenamtlichen Ornithologen bekannte Brutplätze seit 2017 umgehend und neue Nachweise zukünftig laufend an die Vogelschutzwarte des Landes Brandenburg gemeldet werden. Dies kann entweder durch Eingabe über das Portal ornitho.de oder direkt per E-Mail unter Angabe der Koordinaten des Brutplatzes oder mithilfe einer Karte mit dem eingezeichneten Brutplatz per E-Mail an Vogelschutzwarte@LfU.Brandenburg.de erfolgen.