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Jetzt Mitglied werden16. NABU-Naturschutztag
Chemie in der Landwirtschaft
Die 75 Teilnehmer des NABU-Naturschutztages vergangenen Samstag im Potsdamer Haus der Natur waren sich einig: unsere Umwelt ist zu stark mit chemischen Mitteln belastet und diese beeinträchtigen die biologische Vielfalt massiv. „Um die schädlichen Auswirkungen chemischer Mittel auf Mensch und Natur zu reduzieren, sollte, ähnlich wie seit Jahren in Dänemark, eine Dünger- und Pflanzenschutzmittelsteuer erhoben werden“ so PD Dr. Werner Kratz, 2. Vorsitzender des NABU Brandenburg. „Unsere Referenten, angesehene Wissenschaftler, haben nicht nur eindrucksvoll dargestellt, welche Folgen für die Biodiversität schon jetzt zu beklagen sind, sondern auch, welche Vermeidungsstrategien für die Inverkehrbringung von Pflanzenschutz- und Düngemittel existieren und welchen Sanktions- und Regulierungsbedarf es noch gibt.“
Eigentlich dürfte es laut einer EU-Richtlinie keinerlei Auswirkungen von Pflanzenschutzmitteln auf die Biodiversität und die Umwelt geben. In Deutschland werden jedoch allein auf Äckern jährlich 45.000 Tonnen (rund vier Kilogramm je Hektar) Pflanzenschutzmittel ausgebracht. Etwa ein Drittel aller Unkrautvernichtungsmittel enthält den Wirkstoff Glyphosat, das als Totalpflanzenvernichter die Nahrungsgrundlage für viele Insekten, Vögel, Kleinsäuger vernichtet. Der NABU Brandenburg weißt in diesem Zusammenhang nochmal auf die verbindlichen Anwendungsvorschriften für glyphosathaltige Pflanzenschutzmittel hin – eine Anwendung ist nur in der Land- und Forstwirtschaft erlaubt. Am Beispiel der Laufkäfer wurde den Teilnehmern anschaulich dargestellt, wie sich innerhalb weniger Jahrzehnte die Individuen- und Artenzahl auf landwirtschaftlichen Flächen u.a. durch die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln extrem verringerte.
Eine der am stärksten bedrohten Artengruppe, die Frösche, Unken und Kröten, finden bislang im Zulassungsverfahren für Pflanzenschutzmittel nicht einmal Berücksichtigung, wie Dr. Mareike Güth vom Umweltbundesamt berichtete. Dabei ist gerade die Belastung der Sölle (inmitten von Landwirtschaftsflächen) in Brandenburg ein flächendeckendes Problem, wie Axel Kruschat erläuterte. Wie eine BUND/NABU-Studie zeigte, sind insbesondere Kleingewässer im Umfeld von Maismonokulturen mit Glyphosat und deren Abbauprodukten belastetet. Gert Berger vom ZALF in Müncheberg bestätigte in seinem Vortrag die toxische Wirkung auf Amphibien und zeigte Lösungsansätze wie z.B. Pufferstreifen um Gewässer, verstärkten Biotopschutz, integrierten Pflanzenschutz als Verpflichtung und Sanktionen bei Verstößen auf.
Ein weiteres großes Problem ist der Stickstoff-Überschuss in der Landwirtschaft, der schwerwiegende Auswirkungen auf Bäume, Boden und Grund- und Oberflächenwasser hat. „Die jüngste Entscheidung des Bundes zur zukünftigen Anwendung der ‚Hoftorbilanz‘, mit der der Eintrag und Austrag von Stickstoff in landwirtschaftlichen Betrieben erfasst wird, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung“, so PD Dr. Werner Kratz.
Hintergrund:
In Dänemark gibt es seit 2013 eine neue Pestizidsteuer: je problematischer ein Stoff, umso höher der Steuersatz. Das soll den Einsatz umweltgefährdender oder gesundheitlich bedenklicher Pestizide senken. Schon Ende der 90er Jahre hatten die Dänen eine Steuer auf Pflanzenschutzmittel eingeführt. Der Steuersatz orientierte sich damals am Pestizid-Typ.
Die Hoftorbilanz erfasst, wie viel Stickstoff durch Futter und Dünger in ein landwirtschaftliches Unternehmen eingebracht wird und welche Stickstoff-Menge die Höfe über Fleisch, Milch und Pflanzen wieder verlässt. Für die in dem Ackerboden verbleibenden Stickstoffmengen sollen verbindliche Grenzwerte gelten. PD Dr. Werner Kratz, 2. Vorsitzender des NABU Brandenburg, erklärt, dass die mit der Düngegesetzgebung verfolgten Umweltziele im Agrarbereich Deutschlands nach wie vor nicht erreicht werden. So ist die Einhaltung maximaler nationaler Stickstoffsalden in den Landwirtschaftsbetrieben von über 80 Kilogramm Stickstoff je Hektar und Jahr noch lange nicht in Sicht.