NABU kritisiert weiter Grundwasserentnahme im Hohen Fläming
Gefährdungen lassen sich nicht ausschließen
2021: Das Landesumweltamt hat mit Bescheid vom 16. Dezember 2020 den Widerspruch gegen die wasserrechtliche Erlaubnis vom 5. Juli 2018 zurückgewiesen. Der NABU Brandenburg legte daraufhin im Januar 2021 Klage beim Verwaltungsgericht Potsdam ein.
Es wurde erneut zu den nicht ausreichend dargestellten Entwicklungen zu den prognostizierten / tatsächlichen Entwicklungen der Grundwasserstände ausgeführt. Aus Sicht des NABU unterschätzen die hydrologischen Modellrechnungen die Auswirkungen auf die Erhaltungsziele des angrenzenden FFH-Gebietes und ziehen die Summationseffekte, die auch durch den Klimawandel enstehen, nicht genügend in Betracht. Der NABU schätzt ein, dass es an der Quelle der Buckau zu stärkeren Absenkungen kommt als in dem Gutachten des Landwirtschaftsbetriebes beschrieben - eine Beeinträchtigung im europarechtlich geschützten FFH-Gebietes „Buckauoberlauf und Nebenfließe“ kann nicht ausgeschlossen werden.
Im März 2021 gab das Landesumweltamt einem Eilantrag des Landwirtschaftsbetriebes statt, sodass die Flächen wieder bewässert werden dürfen. Der NABU Brandenburg wandte sich mit einem neuen Eilantrag erneut gegen die weitere Ausnutzung der wasserrechtlichen Erlaubnis, die die Entnahme für die Jahre 2018 bis 2027 erlaubt.
27. Oktober 2020 : Das Landesamt für Umwelt Brandenburg hatte einem großen Ackerbaubetrieb im Juli 2018 die Erlaubnis erteilt, jährlich 600.000 m³ Grundwasser zur Bewässerung von 450 Hektar Ackerflächen zu entnehmen, auf denen vorwiegend Energiepflanzen für Biogasanlagen (in erster Linie Mais) angebaut werden. Gegen diese Erlaubnis hatte der NABU Brandenburg im Mai 2020 Widerspruch eingelegt. Da dieser Widerspruch aufschiebende Wirkung hat und damit vorläufig kein Wasser mehr entnommen werden darf, hatte der Ackerbaubetrieb beim Verwaltungsgericht Potsdam in einem Eilverfahren beantragt, ihm die Grundwasserentnahme weiter zu erlauben. Diesen Antrag hat das Verwaltungsgericht abgelehnt.
Der NABU hatte in dem gerichtlichen Verfahren geltend gemacht, dass die Auswirkungen der Grundwasserentnahme auf das FFH-Gebiet „Buckauoberlauf und Nebenfließe“ nicht hinreichend untersucht worden sind. Weiterhin seien die Modellberechnungen des Ackerbaubetriebs über die Auswirkungen der massiven Grundwasserentnahme fehlerhaft. Hierzu hatte der NABU mehrere gutachterliche Stellungnahmen in das gerichtliche Verfahren eingebracht, denen das Gericht eine fundierte Qualität attestiert.
Das Verwaltungsgericht stellt in seinem Beschluss fest, dass aufgrund der vorliegenden Untersuchungen derzeit nicht abgeschätzt werden könne, ob es durch die Grundwasserentnahme zu Gefährdungen der Natur, insbesondere des nahegelegenen FFH-Gebiets, kommt. Auch das Landesamt für Umwelt (LfU) hat mitgeteilt, dass weitere Prüfungen erforderlich sind, die derzeit im Rahmen des Widerspruchsverfahrens stattfinden. Der Landwirtschaftsbetrieb hatte demgegenüber behauptet, dass ihm ohne Bewässerung ein hoher Gewinn entgehe. Das Verwaltungsgericht ließ dieses Argument nicht gelten, da dem Betrieb bewusst war, dass die Grundwasserentnahme rechtlich angreifbar war.
Der Landesvorsitz des NABU zeigt sich über diesen Etappensieg erfreut. Eine Wasserentnahme in solchen Dimensionen kann nicht genehmigt werden, ohne die Auswirkungen auf die Umwelt hinreichend zu untersuchen und insbesondere den Klimawandel einzubeziehen. Jede weitere Entnahme verschärft die angespannte Wassersituation, da die Grundwasserneubildung besonders auf den Hochflächen des Landes bereits seit Jahren nicht mehr ausreicht, die eingetretenen Grundwasserdefizite vollständig zu kompensieren. Bewirtschaftungsmethoden, die zur Ertragssteigerung auf Bewässerung mit Grundwasser setzen, haben in Zeiten des Klimawandels ausgedient. Das gilt erst recht, wenn auf den Flächen, die bewässert werden sollen, nur Monokulturen für Biogasanlagen angebaut werden. Wir appellieren an die Landesregierung, derartige Anträge künftig sehr viel kritischer zu bewerten und dem hohen Gut einer ausreichenden Grundwasserversorgung Rechnung zu tragen.
Hintergrund:
2020 war das zweitwärmste Jahr für Brandenburg seit Aufzeichnungsbeginn 1881. Nach den heißen Jahren 2018 und 2019 war es erneut zu warm und zu trocken. Seit 2006 sind alle Sommertemperaturwerte überdurchschnittlich hoch. Mit einer Mitteltemperatur von 19,2 Grad Celsius lag der Sommer 2020 etwa 1,3 Grad oberhalb des langjährigen Mittels (1961–1990) von 17,9 Grad. Gleichzeitig ging das Niederschlagsdarbot zurück. In sechs der letzten sieben Jahre fielen unterdurchschnittliche Niederschläge, mit Ausnahme von 2017. Zusätzlich negativ auf Grundwasserneubildung und Wasserhaushalt im Land wirkt sich die zunehmende Verdunstung aus. Diese nahm signifikant im Jahresschnitt um 11 Prozent seit 1951 zu.
Die Grundwasserentnahme ist in trockenen Jahren besonders intensiv, da die angebauten Kulturen aufgrund des fehlenden Niederschlages zum Ertragserhalt bewässert werden müssen. Zugleich führt der geringe Niederschlag in Verbindung mit hohen Verdunstungsraten dazu, dass der Bodenwasserspeicher nicht wieder gefüllt wird. Wenn nun gleichzeitig die Grundwasserspiegel in trockenen Jahren fallen, die vorhandenen Grundwasserspeicher jedoch geleert werden, kumulieren diese beiden Effekte und führen in der Folge zu einem noch weitergehenden Rückgang des Wasserdargebots im FFH-Gebiet Buckauoberlauf und Nebenfließe. Die Entwicklung der Grundwasserstände und Quellschüttungen zeigt, dass die Grundwasserentnahme das nutzbare Grundwasserdargebot übersteigt.