Das Rebhuhn, einst Charaktervogel der Feldflur und der Brachflächen ist in Brandenburg inzwischen "stark gefährdet". Der von Ornithologen ermittelte Bestand von 1000 Revieren (Brutvogelkartierung 2005-2009) dokumentiert eine Halbierung des Bestandes innerhalb von nur 10 Jahren. - Foto: Frank Vassen
Entwicklung der Vogelwelt Brandenburgs
NABU: Ursachen für Artenrückgang klar benennen!
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Stetiger Rückgang auch beim Kiebitz, der in Brandenbur als "stark gefährdet" eingestuft ist. Entwässerung von Feuchtgrünland und dessen Umwandlung in Saatgrasland oder Acker in Verbidnung mit zu frühen Bewirtschaftsungsterminen führen zu Gelege- und Kükenverlusten - Foto: NABU/Thorsten Krüger
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Seit Jahren im kontinuierlichen Abwärtsternd ist auch die früher allgegenwärtige Feldlerche in Brandenburg. Der Trend nach dem Monitoring häufiger Brutvogelarten (1995-2009) weist -31 % aus. Große Felder ohne Strukturen, permanenter Chemieeinsatz und verstärkter Raps- und Maisanbau tragen dazu bei.- Foto: Matthias Schäf
18. Oktober 2017 Der NABU Brandenburg zeigt sich empört darüber, dass das Agrar- und Umweltministerium Brandenburg in seiner Pressemeldung zur Großen Anfrage im Landtag "Entwicklung der Vogelwelt in Brandenburg" den Hauptverursacher für den Rückgang der meisten Vogelarten in unserem Bundesland nicht klar benennt. Es wird sich gefreut, dass jetzt im Herbst wieder viele Kraniche beobachtet werden können, die allerdings einer der wenigen Gewinner des ausgeweiteten Maisanbaus sind.
Auch wird ausführlich darauf eingegangen, welchen Einfluss der Klimawandel auf die Brutvogelbestände Brandenburgs hat. Der Hauptverursacher des Rückgangs bei der heimischen Vogelwelt, die immer intensivere Landnutzung wird nicht explizit genannt. Zwar verbindet der kundige Vogelfreund mit der Aussage: "Zu den Arten mit einem starken Bestandsrückgang in Brandenburg zählen unter anderem das Rebhuhn, der Kiebitz, die Feldlerche und das Braunkehlchen" selbstverständlich den Lebensraum Agrarlandschaft. Doch wird weder dieser Umstand noch die Ursache für den Rückgang benannt. Nur ein einziges Mal wird ansatzweise darauf aufmerksam gemacht: "Weiterhin spielen Schwankungen beim Nahrungsangebot und dem Bruterfolg und die Art und Weise der Bewirtschaftung von Lebensräumen, Flächenverluste durch Infrastrukurentwicklung oder auch die Änderung des Binnenklimas eine Rolle".
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) weist in der gemeinsam mit dem Dachverband Deutscher Avifaunisten herausgegeben Publikation "Vögel in Deutschland - 2014" explizit auf die Sorgenkinder Agarvögel hin:
"- Arten der genutzten Offenlandschaft bleiben weiterhin unsere größten Sorgenkinder: Beziehen wir
leichte Bestandsrückgänge ein, so nimmt die Hälfte der Agrarvogelarten ab! ...
- Relevante Beeinträchtigungen und Gefährdungen hängen bei den Brutvögeln vor allem mit der intensiven Landnutzung zusammen. In der Rangfolge folgen Entwässerung durch Grundwasserabsenkung (oft als
Teil intensiver Flächennutzung) sowie die Auswirkungen von Sport- und Freizeitaktivitäten, die
Nutzungsaufgabe (Sukzession) und die Prädation. ...."
Dass die Situation in Brandenburg ähnlich ist, ist keine Neuheit. So wird bereits 2009 bei der Vorstellung der Roten Liste für Brandenburg konstatiert: "...Rebhuhn und Kiebitz waren früher allgegenwärtig, heute sind sie selten. Selbst die häufige Feldlerche ist im Abwind. Seltene Wiesenvögel wie die Uferschnepfe oder der deutschlandweit nur im Nordosten Brandenburgs beheimatete Seggenrohrsänger könnten demnächst aussterben. „Offensichtlich kommen viele Vogelarten mit den heutigen Bewirtschaftungsformen nicht zurecht...". Hinzuzufügen ist, dass der Seggenrohrsänger wohl auf der nächsten Rote Liste für Brandenburg den Status "ausgestorben" erhält, da in den letzten Jahren keine Brut mehr nachgewiesen werden konnte.
Im Jahr 2012, zur Veröffentlichung des "Brutvogelatlas" hieß es: "Besonders schlecht ist es um die Vögel der Agrarlandschaften bestellt: 57 Prozent der Arten haben hier deutlich abgenommen. So ist etwa der Bestand der Feldlerche in den letzten 15 Jahren um fast ein Drittel zurückgegangen. Ursachen sind die allgemeine Intensivierung der Landwirtschaft und der Verlust von Stilllegungsflächen. Der zunehmende Maisanbau wird in den nächsten Jahren voraussichtlich zu weiteren Verlusten führen."
In der Antwort zur Großen Anfrage an den Landtag im September 2017 ist im Vorgriff auf die geplante Veröffentlichung der neuen Roten Liste im kommenden Jahr der Bestandstrend einiger Agrarvögel dargestellt. Dazu heißt es: "Derzeit steht nur eine aktuelle Auswertung für 39 Arten der Agrarlandschaften zu Verfügung, wonach 30 von diesen 39 Arten im Zeitraum 1995-2016 mehr oder weniger stark im Bestand abgenommen haben. ". Eine grafische Darstellung einzelner Arten findet sich im Anhang 3, Seite 57-60. Für die meisten der dort aufgeführten Arten hält der Negativtrend weiterhin an. Häufigere Arten wie Wiesenpieper, Feldlerche, Rebhuhn oder Kiebitz sind stark von der Bewirtschaftungssart abhängig und können nicht, wie beispielsweise die seltene und besonders gefährdete Großtrappe durch gezielte Schutzmaßnahmen gefördert werden.
Der NABU Brandenburg vermisst in der Pressemeldung des MLUL die klare Benennung der Ursachen des gravierenden Artenrückgangs bei den Feldvögeln Brandenburgs. Um den Negativtrend bei den Vogelarten der Offenlandschaften endlich zu stoppen, ist eine Agrarwende dringend notwendig.
Aus Sicht des NABU wären die wichtigsten Schritte:
- Anpassung der Agrarförderung (weg von der Flächenförderung, hin zu wirksamen KULAP-Programmen)
- umfassendere Förderung des Ökolandbaus (hier, so zeigen Studien, kann der Trend des Artensterbens umgekehrt werden)
- Minderung des Pestizideinsatzes, um die Nahrungsverfügbarkeit zu erhöhen
- Erhöhung des Anteils an Stilllegungsflächen (Brachen)
- ökologische Beratung der Landwirte
- Umsetzung der Rechtsvorschriften für Vogelschutzgebiete (SPA) vorantreiben
Vogelsterben in Deutschland
Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) weist in ihrem Bericht „Vögel in Deutschland - 2014“ die landwirtschaftliche Nutzung als Hauptursache für den massiven Rückgang von Vogelarten, insbesondere der der Agrarlandschaft, aus. Dagegen wirkt sich der Klimawandel kurzfristig betrachtet nur in geringem Umfang auf die Brutvögel aus.
Es gibt also einen Faktor, der für den Zusammenbruch der Vogelbestände seit den 1990 Jahren sorgt. Prädation durch Katzen oder Raben/Krähenvögel kann ausgeschlossen werden, da es nicht mehr Katzen seit 1990 gibt (in etwa 12 Mio), ebenso bei den Krähenvögeln. Auch Ursachen wie Glasscheiben (geschätzt 10 Miollionen tote Vögel/Jahr), Stromleitungen (1,5 bis 2,8 Miollionen tote Vögel/Jahr, (hier gab es deutliche Verbesserungen durch rechtliche Nachbesserung), der Ausbau der Windkraftanlagen hat zugenommen (etwa mehr als 100.000 Vögel/Jahr, aber Greifvögel und Großvögel sind davon deutlich mehr betroffen als Singvögel), die Jagd liefert auch keine signifikante Zunahme (Jagd v.a. auf Großvögel), von Krankheiten mit Usutu und Trichomonadis sind nur zwei Arten betroffen (Amsel und Grünfink),
ABER: Neonicotinoide sind seit 1990 auf dem Markt (mit zunehmenden Abgabemengen), Insektensterben seit den 1980 bis jetzt Rückgang der Biomasse um bis zu 80%. Der drastische Vogelrückgang ist auf die fehlende Reproduktion, eventuell auf Grund von Nahrungsmangel, zurückzuführen, wofür die besondere Betroffenheit von insektenfressenden Arten sprechen könnte.