NABU Brandenburg - Jahresbericht 2019 (2.72 MB)
Das war das Jahr 2019
Jahresbericht des NABU Brandenburg
Download - Jahresbericht 2019
Liebe Naturfreundinnen und Naturfreunde,
das für uns bewegendste und anspruchsvollste Vorhaben des letzten Jahres war die Arbeit für die Volksinitiative „Artenvielfalt retten - Zukunft sichern!“. Damit wollen wir die ordnungsrechtlichen Mindeststandards in der Landwirtschaft zugunsten der Artenvielfalt verbessern. Wir wollen ein vollständiges Verbot von Pestiziden und mineralischen Stickstoffdüngern in unseren wertvollsten Schutzgebieten, den Naturschutzgebieten und FFH-Gebieten, erreichen sowie ein gleiches Verbot zum Schutz der Gewässer in einem Gewässerrandstreifen von zehn Metern.
Insbesondere enthält die Volksinitiative aber Vorgaben für eine veränderte Landwirtschaftsförderpolitik zugunsten von Arten- und Naturschutz. Jedes Jahr stehen in Brandenburg rund 500 Millionen Euro zur Förderung der Landwirtschaft bereit, aber rund zwei Drittel werden als sogenannte Flächenprämie (knapp 300 Euro pro Hektar) mit der Gießkanne vergeben.
Im Januar dieses Jahres konnten wir der Landtagspräsidentin 42 Aktenordner mit 73.052 Unterschriften für unsere Volksinitiative überreichen, 20.000 wären nötig gewesen. Dieses Ergebnis war ein Riesenerfolg. Doch dann kam der Tiefschlag. Ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes erklärte die Volksinitiative wegen des so genannten Koppelungsverbotes für unzulässig. Zum ersten Mal in der fast 30jährigen Verfassungsgeschichte des Landes Brandenburg wird dieses Prinzip einer Volksinitiative entgegengehalten.
Dieses Koppelungsverbot wird auf verschlungenem Wege hergeleitet aus dem Demokratieprinzip. Das Volk sei Träger der Staatsgewalt, ihm dürften nur jeweils einzelne Regelungen zur Abstimmung vorgelegt werden, aber nicht wie bei unserer Volksinitiative mehrere, selbst nicht unter einer einheitlichen Zielstellung.
Diese Wertung ist unannehmbar. Wir Vertreter*innen der Volksinitiative haben deshalb das Landesverfassungsgericht angerufen. Das sind wir den Zehntausenden, die uns unterstützt haben, schuldig. Die Volksgesetzgebung ist auch ein zentraler Teil unserer Landesverfassung, sie darf auf diesem Wege nicht ausgehöhlt werden.
Demgegenüber hat die Landtagswahl im September für den Umwelt- und Naturschutz ein erfreuliches Ergebnis erbracht. Auf unserer Landesvertreterversammlung im Jahr 2018 hatten wir noch eine Trennung von Agrar- und Umweltministerium gefordert. Diese Forderung entsprang reiner Verzweiflung, weil das gemeinsame Ressort dazu genutzt wurde, Naturschutzbelange zu behindern und einzuschränken. Aber dennoch, der Natur- und Artenschutz kann am meisten von einer naturverträglichen Landwirtschaft profitieren. Deshalb bin ich sehr froh, dass das Ministerium zusammengeblieben ist und eine neue Leitung hat, die unsere Anliegen konstruktiv und mit Empathie angeht.
Die veränderten politischen Verhältnisse spiegeln sich auch im Koalitionsvertrag wider. Unter anderem sollen in der Agrarpolitik mehr Mittel für den Natur- und Umweltschutz bereitgestellt werden. Der Brandenburger Wald soll zu einem Klimawald mit möglichst vielen Baum- und Straucharten entwickelt werden. Für chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel soll eine ambitionierte Reduktionsstrategie erarbeitet werden, um bis 2030 die eingesetzte Menge nach Möglichkeit zu halbieren. Das Großschutzgebietssystem soll aufgewertet, im Rahmen der Biodiversitätsschutzstrategie zwei Prozent der Landesfläche als Wildnisgebiete ausgewiesen werden.
Auch die Umsetzung der FFH-Richtlinie durch geeignete Instrumente zu forcieren, ist im Koalitionsvertrag festgehalten. Dies ist dringend nötig, denn der veröffentlichte Bericht zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Bericht 2019) zeigt den sehr schlechten Zustand der Arten und Lebensräume in Deutschland. In der kontinentalen Region, zu der Brandenburg zählt, befinden sich nur 18 Prozent der Lebensraumtypen und 21 Prozent der Arten in einem günstigen Erhaltungszustand. Daher begrüßen wir sehr, wenn die brandenburgische Regierung schnellstmöglich Maßnahmen ergreift, die auch die Landnutzer*innen für mehr Natur- und Umweltschutz einbezieht. Denn ohne sie wird der Erhalt unserer Artenvielfalt, selbst in den wertvollsten Schutzgebieten, nicht gelingen.
2019 war erneut ein Dürrejahr. Die Landwirte erleiden wirtschaftliche Einbußen, die Natur leidet. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen darf nicht vernachlässigt werden, wenn für eine nicht standortangepasste Landwirtschaft Grundwasser und Fließgewässer für Bewässerungszwecke über die Maßen ausgebeutet werden. Wir prüfen das sehr kritisch und nehmen in einem Präzedenzfall auch Rechtsmittel in Anspruch.
Der vom NABU gekürte Vogel des Jahres 2020 ist die Turteltaube. Sie ist nicht nur ein Symboltier für Liebe, sondern auch für Frieden. Gerade dieser Vogel ist stark gefährdet, seit 1980 haben wir fast 90 Prozent dieser Art verloren. Die Intensivierung der Landwirtschaft und die fortschreitende Verarmung der Landschaft nehmen der Turteltaube den Lebensraum.
Wir stehen in unsere Arbeit vor vielen Herausforderungen. Ich bin froh über unser engagiertes Team der Landesgeschäftsstelle, dem ich an dieser Stelle herzlich für seinen Einsatz danke. Grundlage unserer Arbeit sind unsere Mitglieder. Wir wachsen weiter, so können wir uns möglichst wirkungsvoll für den Schutz und die Pflege der Natur einsetzen. Derzeit unterstützen uns 18.000 Mitglieder. Viele sind aktiv in der konkreten Naturschutzarbeit vor Ort, aber auch in der Verbandsarbeit engagiert. Uns alle verbindet die Freude an der Natur und das Bewusstsein, dass die Natur unseren Einsatz benötigt. All Ihnen, die Sie sich für unsere Natur einsetzen, danke ich aufrichtig.
Friedhelm Schmitz-Jersch
NABU-Landesvorsitzender
Die jahresberichte der letzten Jahre
-
Jahresbericht 2018
Der NABU Brandenburg kann auf ein erfolgreiches Jahr 2018 zurückblicken. Mit aktuell über 17.000 Mitgliedern in 50 regionalen Gruppen ist unser Landesverband weiterhin auf Wachstumskurs. Mehr →
-
Jahresbericht 2017
Der NABU Brandenburg kann auf ein erfolgreiches Jahr 2017 zurückblicken. Mit aktuell über 15.500 Mitgliedern in 50 regionalen Gruppen ist unser Landesverband weiterhin auf Wachstumskurs. Mehr →
-
Jahresbericht 2016
Der NABU Brandenburg kann auf ein erfolgreiches Jahr 2016 zurückblicken. Mit aktuell knapp 14.500 Mitgliedern in 50 regionalen Gruppen ist unser Landesverband weiterhin auf Wachstumskurs. Mehr →
-
Jahresbericht 2015
Auch im 25. Jahr seines Bestehens hat der NABU Brandenburg zahlreiche Aktionen durchgeführt und sein 10.000 Mitglied begrüßt. Mehr →
-
Jahresbericht des NABU Brandenburg 2014
Die Volksinitiative gegen die Massentierhaltung oder der Chemieeinsatz im Wald waren nur einige Themen, die uns im Jahr 2014 beschäftigten.
Mehr → -
Jahresbericht des NABU Brandenburg 2013
Lesen Sie hier, wie erfolgreich der NABU Brandenburg für Mensch und Natur gekämpft hat - und welche schwierigen Aufgaben noch vor ihm stehen. Mehr →