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Jahresbericht 2023
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Liebe Naturschutzmacher*innen,
wir blicken auf ein aufregendes Jahr 2023 zurück, das geprägt war von vielen Aktionen des NABU Brandenburg, aber auch intensive politische Auseinandersetzungen insbesondere hinsichtlich des Ausbaus der erneuerbaren Energien geboten hat.
Am Anfang des Jahres haben wir anlässlich des 33. Geburtstags des NABU Landesverbandes eine große Party im Haus der Natur in Potsdam veranstaltet. Nachdem in den vergangenen Jahren auf Grund der Pandemie keine Feier anlässlich unseres 30. Geburtstags möglich war, haben wir das nun nachgeholt. Mit vielen Gästen, u. a. aus Politik und Verwaltung, aber auch mit vielen ehrenamtlich Aktiven im NABU hatten wir einen sehr schönen Abend mit vielen anregenden Gesprächen.
Politisch ging es hoch her. Die dominierenden Themen waren Windkraft und Photovoltaik. Diverse Gesetzesänderungen auf Bundesebene, z. B. im Zuge des Osterpakets, haben den eingespielten rechtlichen Rahmen in Genehmigungsverfahren von Windkraftanlagen kräftig durcheinandergewirbelt – leider sehr zu Lasten des Natur- und Artenschutzes. Um überhaupt erst einmal einen Überblick über die neue Rechtslage zu erlangen, haben wir im Januar ein Webinar mit Rechtsanwalt Rüdiger Nebelsieck veranstaltet. Auch im Laufe des Jahres haben wir uns immer wieder von ihm beraten lassen, um uns im Umgang mit der geänderten Rechtslage zu wappnen. Parallel haben wir den noch andauernden Erarbeitungsprozess der (sachlichen Teil-)Regionalpläne kritisch begleitet und uns eingebracht. Ziel muss es sein, die Flächenbeitragswerte, zu deren Erbringung Brandenburg genauso verpflichtet ist wie alle anderen Bundesländer, möglichst schnell zu erreichen. Selbstverständlich befürworten wir ausdrücklich den Ausbau der erneuerbaren Energien. Allerdings muss dieser gesteuert und vor allem außerhalb unserer Schutzgebiete und gesetzlich geschützten Biotope sowie wertvoller Zug- und Rastgebiete erfolgen.
Auch der Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen hat deutlich an Dynamik gewonnen. Da der Politik offensichtlich das ohnehin schon hohe Ausbauvolumen außerhalb der Schutzgebiete nicht genug ist, hat der Landtag einen Beschluss gefasst, auch Landschaftsschutzgebiete für die Errichtung von Freiflächen-Photovoltaikanlagen öffnen zu wollen. Das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz hat daraufhin Kriterien entwickelt, unter deren Erfüllung das zukünftig möglich sein soll. Damit werden nun große Teile Brandenburgs, die bis dato vor der Errichtung technischer Anlagen geschützt waren, preisgegeben. Es ist bedauerlich, wie sorglos Politik und Verwaltung den enormen Flächenverbrauch billigend in Kauf nehmen. Landschaftsschutzgebiete nehmen einen Flächenanteil von rund 34 Prozent in Brandenburg ein und würden sich von der Kulissse her sehr gut eignen, um das international vereinbarte Ziel umzusetzen, 30 Prozent der Fläche unter einen effektiven Schutz zu stellen. Schaut man sich an, wie viele Planungen derzeit überall in Brandenburg laufen, ist klar, dass sich unsere Landschaft, insbesondere in den ländlichen Regionen, in den kommenden Jahren massiv verändern wird. Wir werden jedoch nicht lockerlassen und alles versuchen, um den Ausverkauf der freien Landschaft zu stoppen.
Auch das Thema Alleen hat uns im Jahr 2023 sehr beschäftigt. Das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung überarbeitete die Alleenkonzeption. Alleen sind seit Jahrzehnten ein wichtiges Thema im NABU und natürlich haben wir uns auch in diesen Prozess eingebracht. Leider wird es auch mit der neuen Alleenkonzeption keine erkennbare Kehrtwende durch das Land geben. Auch wenn einige unserer Forderungen in die neue Alleenkonzeption aufgenommen werden, bleiben andere offen und insgesamt werden die vom Land selbst gesteckten Ziele eher heruntergeschraubt. Damit entsteht der Eindruck, dass die neue Alleenkonzeption genutzt werden soll, um die desaströsen Versäumnisse der vergangenen Jahre etwas zu kaschieren.
Ebenfalls ein wichtiges Thema in Brandenburg ist das Wasser. Deshalb haben wir uns es zu einem unserer Arbeitsschwerpunkte gesetzt. In Exkursionen mit verschiedenen Fraktionen der demokratischen Parteien aus dem Landtag haben wir beispielsweise den Abgeordneten die dramatischen Auswirkungen von Felddrainagen demonstriert. So wurden im Naturpark Märkische Schweiz Drainageausläufe besucht, die die oberhalb liegenden Äcker fortlaufend entwässerten, während das dort angebaute Getreide bereits Anfang Juni vertrocknete. Am 20. November veranstalteten wir ein Fachgespräch zu diesem Thema, um Handlungsbedarfe aufzuzeigen, alle relevanten Akteure miteinander ins Gespräch zu bringen und auch die Rechtslage zu erörtern. Klar wurde, dass großer Handlungsbedarf besteht, da Entwässerungssysteme wie Drainagen dazu führen, dass in weiten Teilen des Landes kaum Grundwasserneubildung stattfindet. Wasser ist eine endliche Ressource, mit der wir alle sorgsam umgehen müssen. Durch Maßnahmen des Wasserrückhalts in der Landschaft muss es gelingen, wieder mehr Wasser zur Versickerung zu bringen und damit die Grundwasserneubildung zu forcieren. Grundwasser hat eine enorme Bedeutung für die Trinkwasserversorgung in Brandenburg, da rund 88 Prozent des Trinkwassers aus Grundwasser gewonnen werden. Hinzu kommen durch einen stabilisierten Landschaftswasserhaushalt positive Effekte für die biologische Vielfalt, indem sich beispielsweise ausgetrocknete Kleingewässer wieder mit Wasser füllen können und damit wieder als wertvolles Laichgewässer für Amphiben zur Verfügung stehen.
Letztendlich müssen wir Menschen lernen, die Endlichkeit der uns zur Verfügung stehenden Ressourcen zu respektieren. Es ist eine Sackgasse, wenn wir uns Scheuklappen aufsetzen und nicht sehen, wohin es führt, wenn wir über unsere Verhältnisse leben. Es ist ein Irrglaube, wenn man daraufsetzt, dass uns technische Lösungen aus jeder schwierigen Lebenslage heraushelfen. In diese Richtung zielt auch unsere Veranstaltungsreihe mit dem Titel „Mehr. Weniger. Machen!“ Gemeinsam mit Expert*innen aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft haben wir nach Antworten auf die Frage gesucht, wie es gelingen kann, unsere Gesellschaft hin zu einem nachhaltigen Leben zu transformieren.
Auch für mich persönlich war es ein besonderes Jahr. In meinem neuen Amt als hauptamtlicher Landesvorsitzender habe ich viel Erfahrung sammeln können und viele tolle und engagierte Menschen kennen lernen dürfen, wofür ich sehr dankbar bin.