Blei gefährdet Seeadler
Bleivergiftung ist die häufigste Todesursache



Wie viele Seeadler sind betroffen?
Eine Studie gibt 415 Todesfälle von Seeadlern jenseits der Nestlingsphase für die Länder Brandenburg und Berlin an. Diese Zahl beszieht sich auf die Jare 1990 bis 2013. Von den 415 ermittelten Todesfällen wurden bei 255 Tieren Organe und/oder Blut getestet. Bleivergiftung war dabei mit 26,8% die häufigste ermittelte Todesursache und die Tendenz schien ehr Steigend zu sein.
(Quelle: Projektgruppe Seeadlerschutz)
Warum reagieren gerade Seeadler so empfindlich auf Blei?
Der Magensaft von Seeadlern (und anderen Greifvögeln) hat einen sehr niedrigen pH-Wert, ist also sehr sauer. Bleipartikel werden deshalb schnell gelöst und gelangen über das Blut in den Körper, wo das Blei seine schädliche Wirkung entfaltet. Dies ist bei Säugetieren nicht in gleichem Maße der Fall. Blei verursacht unter anderem Störungen des Zentralnervensystems und zerstört die roten Blutkörperchen wodurch der Sauerstofftransport behindert wird.
Woher stammt das Blei?
Die bei Seeadlern gemessenen hohen Bleikonzentrationen können nur durch die Aufnahme von Bleipartikeln zustande kommen und diese gelangen über die Jagdmunition in die Umwelt. Eine mögliche Aufnahmequelle sind im Gelände verbliebene Organreste (genannt "Aufbruch") von Schalenwild mit Bleipartikeln. Aber auch krank geschossene Tiere (z.B. Wasservögel), die dann leicht vom Seeadler erbeutet werden, können dazu führen, dass das Blei in den Organismus der Adler gelangt.
Da sich das Blei im Magen der Seeadler relativ schnell auflöst, gelingt nur in einem Teil der Fälle der direkte Nachweis. 80 % der gefundenen Munitionsreste betrafen Kugelmunition, die übrigen 20 % Schrot.
Die systematischen Untersuchungen von Verlust- und Todesursachen bei Seeadlern wurden vom Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin, der Kleintierklinik der Freien Universität Berlin und dem Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Universität Wien durchgeführt.
Gibt es Alternativen zur Jagd mit Bleimunition?
Es gibt inzwischen ein umfangreiches Angebot bleifreier Munition sowohl bei Schrot als auch bei Büchsenmunition. Diese Munition ist kaum teurer als Bleimunition (und wird bei höherer Nachfrage voraussichtlich noch billiger werden). In den Schusseigenschaften gibt es keine Unterschiede zwischen bleifreier und bleihaltiger Munition, wie verschiedene Tests gezeigt haben, die in Jagd- und Waffenzeitschriften veröffentlich wurden. Die Umstellung von Bleimunition auf bleifreie Munition ist problemlos (nur bei älteren Schrotflinten kann es Schwierigkeiten geben). Eine Umstellung auf bleifreie Munition ist also ohne Einschränkung der Jagd möglich. Zahlreiche Jäger verwenden schon seit Jahren bleifreie Munition (auch in Brandenburg), ohne über irgendwelche Nachteile berichten zu können.
Gibt es bereits ein Verbot bleihaltiger Munition?
Seit 2005 ist in Brandenburg die Verwendung von Bleischrot an Gewässern verboten, womit aber nur ein kleiner Teil des Problems gelöst werden kann. Auch das vorgeschriebene Eingraben des bleiverseuchten Aufbruchs wird wenig Erfolg bringen, weil es kaum durchsetzbar und bei Frost auch schwer handhabbar ist. Die Landesforstverwaltung hat 2005 (mit einem Übergangszeitraum) für die Verwaltungsjagd ein Verbot jeglicher Bleimunition (Schrot und Kugeln) erfügt. In welchem Umfang dieses Verbot umgesetzt wurde, ist nicht bekannt. In einem Monitoringprojekt erfolgt ein Vergleich der Jagd mit bleihaltiger und bleifreier Munition.
Was muss jetzt getan werden?
Ein möglichst schnelles Totalverbot von Bleimunition aller Art ist unumgänglich. Teillösungen, wie Verbote von Bleischrot oder Verbote in Vogelschutzgebieten sind ein Schritt in die richtige Richtung, lösen aber nur einen kleinen Teil des Problems. Dem flächendeckenden Verbot bleihaltiger Büchsenmunition kommt besondere Bedeutung zu, da diese den größten Teil der Vergiftungen verursacht. Die Jägerschaft muss dringend umfassend über das Problem informiert werden. Aufrufe an Jäger zum freiwilligen Verzicht auf Bleimunition sind hilfreich, aber keineswegs ausreichend. Dies zeigt beispielsweise der Aufruf des Deutschen Jagdschutzverbandes von 1993 zum Verzicht auf Bleischrot bei der Wasservogeljagd, der wirkungslos verpufft ist.
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