Alleenland Brandenburg - aber wie lange noch? - Foto: Helge May
Aussterbende Alleen
Mehr Fällungen als Nachpflanzungen
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Viele Alleen haben inzwischen ein hohes Alter erreicht und werden aus Verkehrssicherungsgründen gefällt - Foto: Wolfgang Ewert
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Seit Jahren werden in Brandenburg mehr Bäume gefällt als nachgepflanzt - Foto: Wolfgang Ewert
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Alleen prägen unser Landschaftsbild und haben einen hohen ökologischen Wert - Foto: Wolfgang Ewert
Das Nachpflanzen von Alleen ist in Brandenburg Landesaufgabe. Die Alleen Brandenburgs befinden sich in einem sehr schlechten Zustand. Der Landesbetrieb Straßenwesen weist auch im Jahr 2023 erhebliche Versäumnisse im Alleenschutz auf. Die Alleenbaumstatistik 2023 bestätigt die katastrophalen Defizite bei der Nachpflanzung von gefällten Alleebäumen. Während an Bundes- und Landstraßen insgesamt 2.527 Bäume gefällt wurden, wurden lediglich 666 Bäume nachgepflanzt, was ein Defizit von 1.861 Bäumen ergibt. Damit hat der Landesbetrieb bereits im zehnten Jahr in Folge weniger Alleebäume nachgepflanzt als gefällt. Darüber hinaus weisen zahlreiche Bäume Schäden durch Trockenheit, Tausalz, Eingriffe im Wurzelbereich oder unsachgemäße Pflege auf.
Seit 2008 hat der Landesbetrieb Straßenwesen nur in vier Jahren das Ziel erreicht, genauso viele Bäume nachzupflanzen wie zu fällen. Es wurden seit 2008 mehr als 17.000 Bäume weniger nachgepflanzt als gefällt, was zum Alleenschwund in Brandenburg führt. Dieser Verlust stellt eine Aushöhlung des im Naturschutzrecht verankerten Alleenschutzes dar, insbesondere durch das Brandenburgische Straßengesetz. Diese Gesetz erlaubt es den Straßenbehörden, bei vielen Maßnahmen auf Genehmigungen zu verzichten.
Die im Jahr 2007 erarbeitete Alleenkonzeption sah ein mittelfristiges Konzept zum Erhalt der Alleen vor. Deren Kernanliegen war es, pro Jahr 30 Kilometer Alleen an Bundes- und Landesstraßen nachzupflanzen, unabhängig von der Zahl der tatsächlichen Fällungen. Wie die Alleenstatistiken des Landesbetriebs Straßenwesen zeigen, ist man seit 2013 jährlich weit hinter den selbst gesteckten Zielen zurückgeblieben.
Neue Alleenkonzeption mit abgeschwächten Zielen
Das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung (MIL) hat 2024 die Alleenkonzeption für 2030 veröffentlicht. Darin ist das Ziel formuliert, im Zeitraum 2024 bis 2028 insgesamt 20.000 Bäume nachzupflanzen. Dieses Ziel bedeutet bereits eine Abschwächung des bisherigen Ziels einer 1:1- Kompensation, ist aber dennoch ambitioniert im Vergleich zu den letzten fünf Jahren, in denen nur etwas mehr als 4.000 (4.172) Alleebäume gepflanzt wurden.
Es stellt sich die Frage, wie das neu vorgegebene Ziel erreicht werden soll, da ablesbar ist, dass auch diese Ziel verfehlt wird, wenn der Landesbetrieb in diesem Aufgabenfeld nicht massiv personell gestärkt wird. Das Hauptproblem ist nämlich nicht die fehlenden Mittel, sondern das fehlende Personal und die fehlenden Kapazitäten zur Umsetzung von Naturschutzvorgaben. Dies zeugt von einer Geringschätzung von Umweltbelangen durch das unionsgeführte Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung.
Minister Rainer Genilke setzt für die Zielerreichung auf das neu geschaffenen Kompetenzzentrum für Alleen und Straßenbäume (kostBa). Das wird das Problem jedoch nicht lösen, da seine Aufgaben hauptsächlich die Wissensvermittlung ist und nicht die Umsetzung der Pflichtaufgaben des Landesbetriebs Straßenwesen. Der Schutz der Alleen wird in Brandenburg nach wie vor vernachlässigt und stellt seit Jahren nicht mehr als ein Lippenbekenntnis dar.
Brandenburgischen Landesregierung begeht Rechtsbruch im Alleenschutz
Die im Brandenburgischen Naturschutzausführungsgesetz festgeschriebene Nachpflanzpflicht läuft ins Leere, weil laut Brandenburgischem Straßengesetz für die Baumfällungen aus Verkehrssicherungsgründen keine eigenständigen Genehmigungen erforderlich sind und daher keine Zuordnung von Nachpflanzpflichten zu den Fällungen erfolgt. Die Regelungen im Naturschutzrecht und im Straßenrecht müssen so harmonisiert werden, dass die Nachpflanzpflicht umsetzbar und kontrollierbar wird.
Der § 17 des Brandenburgischen Naturschutzausführungsgesetzes, der den Alleenerhalt festlegt, muss zwingend Bestandteil von Planungen zu Straßenausbauten oder -instandsetzungen werden. Beim Ausbau von Straßen sind Planfeststellungsverfahren durchzuführen, die auch den Ankauf von Randstreifen für Alleenpflanzungen beinhalten können. Planungen müssen grundsätzlich unter der Prämisse, die Allee zu erhalten durchgeführt werden, statt Baufreiheit durch Fällung hunderter Alleebäume zu erreichen.
Weitere Forderungen lesen Sie hier:
Hilfe von Mitbürgern notwendig
Ohne die Hilfe von aufmerksamen Bürgern ist es nicht möglich, unrechtmäßige Fällungen aufzudecken und möglicherweise noch zu verhindern. Daher hat das Landesbüro der anerkannten Naturschutzverbände auf seiner Internetseite nun einen Meldebogen freigeschaltet. So ist es jetzt möglich, Markierungen, Schnitt- und Pflegemaßnahmen sowie die Fällung von Alleebäumen schnell und unbürokratisch zu melden. So kann möglicherweise noch der ein oder andere Alleebaum gerettet werden.
Auch die Beteiligung an Baumschauen ist ein geeignetes Mittel, um naturschutzfachliche Anforderungen und Bedenken in die Diskussion einzubringen. Viele Landesstraßenmeistereien wollen bereits im Vorfeld von Fällmaßnahmen Einigkeit mit Behörden und Verbänden herstellen und laden regelmäßig zu Baumschauen an Bundes- und Landesstraßen ein. Auch für die Aktiven aus den Naturschutzverbänden vor Ort ist dies eine gute Gelegenheit, sich über anstehende Vorhaben zu informieren und mitzudiskutieren.
Weitere Informationen
Meldebogen Alleenschutz beim Landesbüro anerkannter Naturschutzverbände