Rechtswidrige Kormoran-Verordnung verlängert
NABU Brandenburg kritisiert Inhalt und Vorgehensweise
01. Oktober 2013 -
Das ist rekordverdächtig: Nur fünf Tage nach Ende der Stellungnahmefrist hat das Umweltministerium die neue Kormoran-Verordnung erlassen. Hat man da in Nachtschichten und Wochenendarbeit die gebotene gründliche Abwägung der Stellungnahmen von 34 Beteiligten vorgenommen, darunter von 26 Argumenten des NABU, die gegen diese Verordnung sprechen? Wohl kaum. Denn schon vor Beginn des Beteiligungsverfahrens hatte das Ministerium in kleiner Kungelrunde mit dem Landesfischereiverband die Inhalte der Verordnung ausgehandelt und per Pressemitteilung bekannt gegeben. Damit war der Spielraum, Argumente aus den Stellungnahmen zu berücksichtigen auf Null reduziert und die Beteiligung zum Scheinverfahren degradiert.
Wie bisher dürfen außerhalb von Schutzgebieten Kormorane geschossen, Koloniegründungen und Schlafplätze aufgelöst werden.
Das Naturschutzgesetz sieht vor, dass solche Ausnahmen vom Artenschutz von Voraussetzungen wie dem Nachweis wirtschaftlicher Schäden abhängig gemacht werden müssen. Im Gegensatz zu Fischteichanlagen fehlt ein solcher Schadensnachweis für natürliche Gewässer völlig. Der Rückgang des Aals fand vor der Zunahme des Kormorans statt und muss deshalb andere Ursachen haben. Zum großen Teil lässt er sich schon durch rückläufige Besatzmaßnahmen in früheren Jahren erklären.
In einer aktuellen Studie beziffert das IGB Potsdam-Sacrow die jährliche natürliche Sterblichkeit beim Aal mit 18,3 % und die zusätzliche kormoranbedingte Sterblichkeit auf vernachlässigbare 1 %. Unberücksichtigt bleibt auch, dass man sich langsam um den Status des Kormorans Sorgen machen muss, denn bedingt durch Waschbären und Seeadler ist der Bestand auf rund 1.800 Brutpaare gefallen, die sich überdies zu zwei Dritteln im Unteren Odertal konzentrieren. Jahrelang hatte die Landesregierung selbst 2.000 Brutpaare als Untergrenze für den guten Erhaltungszustand angegeben.
Ein Großteil der Gewässer, an denen Kormorane geschossen werden dürfen, sind reine Angelgewässer. Einen wirtschaftlichen Schaden kann es hier gar nicht geben, denn Angeln ist Hobby und nicht Broterwerb. Und welchen Sinn hat es eigentlich, Kormorane durch Vergrämungsabschuss von einem Gewässer zum nächsten zu treiben? Sie fressen dadurch nur mehr Fische als ohne ständiges Aufscheuchen.
Leider fand all dies im Verfahren keine Berücksichtigung: Der politische Druck war stärker als Argumente. Es wird nun wohl nichts anderes übrig bleiben, als diese offensichtlich nicht rechtskonforme Verordnung durch ein Gericht überprüfen zu lassen.
Der NABU Brandenburg hat den Streit um die Kormoranvergrämung innerhalb von Schutzgebieten gewonnen. Das ist ein großer Erfolg für den Naturschutz und könnte richtungsweisend für weitere Auseinandersetzungen um sogenannte „Problemarten“ sein. Mehr →
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