Schäferei Hahnel
Frank Hahnel aus Müncheberg ist seit 1991 selbständiger Schäfermeister und absolvierte seine Ausbildung zum Schäfer im Jahre 1983. Zu seiner Schäferei gehören über 600 Merinolandschafen, die auf circa 270 Hektar Weidefläche leben. Zusammen mit sechs Herdenschutzhunden, der Hilfe seiner Ehefrau und einer Auszubildenden bewirtschaftet er im Jahr um die 70 Teilflächen.
"Ich bin in Berlin aufgewachsen und wollte schon immer Schäfer werden und das wo ich als Stadtkind Schafe nur aus dem Tierpark kannte[...]. Als Berliner war das gar nicht so einfach eine Lehrstelle als Schäfer zu finden."
So können Sie helfen
Ihre Spende geht zu 100% in Herdenschutzprojekte. Wie zum Beispiel: Kauf und Bau von Zaunanlagen - sowie direkte Hilfen für betroffene Weidetierhalter.
Wie sieht ein normaler Tagesablauf bei Ihnen aus?
Ich wohne in mitten von Feldern unweit des Jahnsfelder Waldes, der nächste Nachbar ist 3km entfernt. Von der Schulbushaltestelle geht es hin aus zu meinen Schafherden. Die Herdenschutzhunde dort Füttern und nach dem Rechten sehen, Wasserwagen kontrollieren und den Elektro Zaun und die Batterie für das E-Zaungerät. Wenn alles in Ordnung ist, ist auch für mich Frühstück. Danach ist Koppel Bau angesagt, meine Schafe bekommen jeden Tag eine neu ca 1 ha große Weidefläche zugeteilt. Portionsweide nennt man das. Kurze Fresszeit, längere Ruhezeit für die Fläche. So kommen unterschiedliche Gräser und Kräuter auch mal zum Blühen und Aussaamen auf meinen Weiden.
Diese Elektrokoppel besteht meist aus 8 Elektrozaunnetzen, diese sind jeweils 50 m lang. Auf den Ackerflächen ist der Aufbau recht einfach, in meinen Sumpfigen Wiesen mit ihren Weidengebüschen schon schwieriger und auf den Trockenrasenarealen muss ich oft zweimal am Tag den Schafen einen neuen Weidefläche geben. Bei solchen armen Flächen wäre das Hüten der Schafe wie früher mit Schäfer und Hütehund einfacher nur müsste ich dann den ganzen Tag bei der Herde verbringen. Dies wäre auch für mich sehr schön nur würde ich dann all die anderen Arbeiten nicht mehr schaffen die mit dem Führen einer Schäferei heute zusammen hängen.
Wie sieht der typische Jahresablauf bei Ihnen aus?
Mein Schäferjahr beginnt mit der Lammzeit meiner Schafe. Im März kommen die ersten Lämmer auf die Welt. Ich lasse meine Schafe in meinem Schafstall ablammen. Um das Geburtsgeschehen besser überwachen zu können werden meine Schafe vor dem Einzug in den Stall geschoren. Schlankheitskur sag ich da zu. In nicht ein mal 2 Minuten macht der Schafscherer meine Damen um 4kg leichter und 24 cm im Taillenumfang schmaler. Da ich an meinem Stall wohne kann ich auch nachts nach meinen Schafen sehen und wenn nötig bei der Geburt helfen. Die Lammzeit ist die schönste Zeit in einer Schäferei aber auch die mit der höchsten Arbeitsbelastung.
Anfang April können dann schon die ersten Mutterschafe mit ihren Lämmern am Tag auf eine Stallnahe Weide. Auch hier achten meine Herdenschutzhunde darauf das kein Kolkrabe oder Fuchs oder ein anderer Beutegreifer meinen Lämmern etwas zu leide tut.
Ab Mai sind wir dann auf meinen Weiden unterwegs. Im Frühjahr ist der Aufwuchs noch spärlich und man braucht mehr Fläche um die Schafe satt zu bekommen. Ende Mai Anfang Juni kann ich dann schon auf einzelnen Wiesen mit der Heu Ernte beginnen. Ich mache das Winterfutter für meine Schafe selber nur den Hafer für die Mutterschafe in der Lammzeit muss ich dazu kaufen. Mein Ackerland ist so arm das da der Getreide Anbau sich nicht lohnen würde, inzwischen hat sich dort eine Trockengrassflora angesiedelt.
Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Job?
In meinen Feuchtwiesen ist die Heuernte manche Jahre eine Herausforderung, allerdings sichern mir in Dürrejahren gerade diese Nassen Wiesen das Futterangebot für meine Schafe. Die Erträge sind sehr bescheiden. Auch das Rote Luch und die Waldwiesen in Bienenwerder geben meistens nur einen Schnitt für Heu her, da ich auf Düngung verzichte. Der zweite Aufwuchs wird dann von meiner Schafherde abgeweidet die nach der Lammzeit leicht auf über 1000 Tiere angewachsen ist. Ende des Sommers müssen mich dann die Bocklämmer verlassen bevor sie Geschlechtsreif werden und Dummheiten machen können. Vor der Deckzeit die in meinem Betrieb im Oktober beginnt gehen die Altschafe und die Mutterschafe die kein Lamm mehr aufziehen können an einen Viehhändler, vor Weihnachten dann noch einige der weiblichen Lämmer die ich nicht zur Zucht einsetzen will. Der Verkaufserlös ist seit 20 Jahren der gleiche: 2 € für das kg Lebend im Sommer für´s Lamm und 2,10 € vor den Feiertagen und für das Altschaf 40 Cent pro Kilo. Die Preise waren damals schon nicht auskömmlich es gab aber bis 2005 noch eine Prämie von 28 € pro Mutterschaf von der EU, damit konnte man wenigstens den Schäfer bezahlen. Heute gibt es nur noch Flächenprämien und ein Großteil davon geht dann schon für die Pacht der Flächen drauf.
Was ist ein Fakt aus Ihrem Beruf, der ihrer Meinung nach zu wenig in der Gesellschaft bekannt ist?
Bis zur Lammzeit im März bleiben meine Schafe auf meinen Weideflächen auch wenn das Aufstellen der Elektrozaunnetze im Winter schon recht schwierig sein kann. Da meine Wiesen nicht so kurz in den Winter gehen friert der Boden da drunter nicht so schnell durch, so dass ich die Pfähle der Netze noch in den Boden gedrückt bekomme.
Gerade diese Wiesen und Weideflächen sind es die auch noch Sauerstoff produzieren wenn die Bäume schon keine Blätter mehr haben. Diese Grasnarbe filtert das Regenwasser und da drunter wird unser neues Trinkwasser gebildet.
Was für Flächen beweiden Sie?
Ich habe zwar Flächen im und am Naturpark Märkische Schweiz und erhalte auch für einige Kulturlandschaftspflegegelder nur konnte ich bis jetzt noch niemanden dafür begeistern sich meine Arbeit in den Wiesen, Feuchtwiesen oder auf den Trockenrasenflächen anzuschauen. Seit nun gut 25 Jahre formen meine Schafe diese Flächen, sie halten sie offen, vernetzen durch ihre Wanderschaft die einzelnen Biotope.
Welche Lebensräume und Arten erhalten Sie durch Ihre Beweidung?
Meine Tätigkeit hier sichert so manch einem Tier das die offene Landschaft braucht sein Auskommen. Störche folgen meinem Mähwerk, Kraniche stolzieren über meine Abgeweideten Flächen, Starre reiten auf meinen Schafen um Insekten zu fangen.
Haben Sie eine Lieblingspflanze/ein Lieblingstier über dessen Schutz sie sich besonders freuen?
Welche seltenen Pflanzen sich auf meinen Flächen befinden dazu müsste man mal einen Botaniker befragen. Schäfer lieben grünes Gras weil das ihre Schafe lieben, freuen sich aber auch über so manch ein blühendes Kraut.
Was war Ihr bislang schönstes Erlebnis als Schäfer?
Schon früher hatten wir hier in der Märkischen Schweiz einen Wolf, von dem niemand etwas bemerkt hat. Erst als er ´91 von einem Jäger erschossen wurde war es amtlich, der große Hund war doch ein Wolf. Schon damals sagte uns die Gesellschaft zum Schutz der freilebenden Wölfe auf einer Veranstaltung zum Thema Wolf in Oranienburg das Brandenburg prädestiniert ist für die Wiederansiedlung des Wolfes. Es sollte dann noch 9 Jahre dauern bis er sich erfolgreich fortpflanzen konnte.
Was war Ihr bislang schlimmstes Erlebnis als Schäfer?
Den Aufbau meiner Weidezäune habe ich inzwischen perfektioniert, hatten ich früher Angst das meine Schafe ausbrechen und da bei dann zu Schaden kommen muss ich nun fürchten das jemand von außen kommt und meinen Schafen auf der Weide Schaden zufügt. So wie 1997 da hatten Diebe meine Herde heimgesucht, sie stahlen 20 hochtragende Mutterschafe und pferchten dabei 80 in einem Graben im Roten Luch zusammen, diese waren dann am nächsten Morgen alle an Unterkühlung gestorben. Es war der 9.März 97, dieses Datum werde ich nie vergessen.
Hatten Sie schon Wolfsrisse zu verzeichnen?
Nein. 2004 hatte ein Vierbeiner meine Schafe in der Gumnitz aus ihrem Pferch gejagt und dabei 3 Schafe getötet. An einen Wolf habe ich damals noch nicht gedacht.
Welche Vorkehrungen treffen Sie, um ihre Weiden wolfssicher zu gestalten?
Mein Elektroweidezaun hindert zwar meine Schafe daran die Weide zu verlassen, doch er verhindert nur bedingt dass nicht jemand von außen eindringt. Selbst ein Fuchs vermag die 90 cm oder die 1,06 m hohen zu überspringen wenn er es gelernt hat. Nun befindet sich aber mein Herdenschutzhund in diesem Pferch und die Schafe sind seine Freunde und diese verteidigt er. Seit dem haben die unerklärlichen Ausbrüche meiner Schafherde aufgehört, die Leute machen ihre Hunde an die Leine wenn sie an meinem Pferch vorbei gehen.
Was hat Sie dazu veranlasst sich Herdenschutzhunde anzuschaffen?
Wolfsrisse bezahlt zu bekommen, wiegt den emotionalen Verlust nicht auf. Ich vertraue meiner Herde, dass sie mir folgt und meine Herde vertraut mir, dass ich sie vor allem Unheil bewahre. Schafe ohne Herdenschutzhunde zu halten, ist für mich in der jetzigen Situation mit der Anwesenheit der Wölfe undenkbar.
Seit wann arbeiten Sie mit Herdenschutzhunden?
Seit 2006
Was sind die ungefähren Kosten, die Sie durch einen Herdenschutzhund im Jahr haben?
Fuchs, Kolkrabe und der Wolf machen einen Bogen um meine Herde. Und ich hab meine Ruhe. Diese Ruhe kostet mich aber pro Herdenschutzhund 1000 € Unterhalt im Monat, das mehr an Arbeit nicht gerechnet. Und ich habe 6 solcher Hunde. Von diesen 6000 € könnte ich meine Auszubildende ein Jahr lang bezahlen. Und da liegt der Haase im Pfeffer. Mein Familieneinkommen sinkt weiter. Ich kann aber auf diesen Schutz nicht mehr verzichten.
Was müsste die Politik tun, damit korrekter Herdenschutz für Schäfer in Brandenburg finanzierbar ist?
Wenn die Landschaft die wir Schäfer pflegen sollen gefährlich wird weil der Gefährder von der Gesellschaft unter Schutz gestellt wird, wäre es da nicht fair den Schäfer finanziell in die Lage zu versetzen das er seine Landschaftspfleger, seine Schafe und Ziegen effektiv schützen kann.